Kultureller BoykottOffene Briefe

Offener Brief an Steffen Zillig – art Das Kunstmagazin

Offener Brief an Steffen Zillig,

vielen Dank, Herr Zillig, dass Sie es für sinnvoll, ja notwendig erachtet haben, auf den Boykott-Aufruf der “Artists for Palestine UK” auf der Webseite art – Das Kunstmagazin zu reagieren.

Endlich, so haben wir gedacht, wird der Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft zu Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen von 2005 und speziell der Aufruf zum kulturellen und akademischen Boykott gegen Israel auch in den Kreisen der Künstler_innen in Deutschland zur Kenntnis genommen.

Aber nein, darum ging es Ihnen offensichtlich nicht, denn es wird deutlich, dass Sie den Aufruf der “Artists for Palestine UK” nicht in diesem Zusammenhang gesehen haben. Es muss sogar davon ausgegangen werden, dass Sie diese Aufrufe gar nicht kennen.

Sie schreiben, es sei “anders schwer zu erklären” warum die “Artists for Palestine UK” zum kulturellen Boykott Israels aufrufen. Die einzige Motivation dahinter könne nur “blinder Applaus” und “Beifall” sein, “der nur die eigene politische Ahnungslosigkeit kaschiert“.

Wir fragen uns ernsthaft, wer hier der Ahnungslose ist. Über 1000 Künstler_innen in Großbritannien, die nach intensiver Diskussion und Auseinandersetzung mit dem Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft zu dem Entschluss kommen, endlich öffentlich in einer gemeinsamen Aktion auf den Aufruf zu reagieren und damit die palästinensische Zivilgesellschaft zu unterstützen oder Sie, Herr Zillig.

Sie schreiben von “Selbstgerechtigkeit“, “Geschichtsvergessenheit” und Urhebern, “die ihre eigene Befangenheit nicht mal selbst registrieren” und unterstellen den “Artists for Palestine UK” perfide und subtile Methoden der Argumentation. Sie schreiben ihr Boykottaufruf sei “im besten Fall einseitig und vereinfachend, im schlechteren unterschlägt sie [die Weltsicht hinter dem Boykottaufruf] eine Reihe von historischen Tatsachen, nicht zuletzt den Antisemitismus und seine Rolle innerhalb des Nahostkonflikts bewusst – und bedient ihn dadurch leider selbst“.

Das sind schwere Vorwürfe.

Wer zu so einem Schluss kommt und ein solches Urteil fällt, der sollte sich zumindest die Mühe machen, nach den Beweggründen zu fragen und den politischen Hintergrund des Aufrufs berücksichtigen. Eine Anfrage an die “Artists for Palestine UK” wäre dabei sehr hilf- und aufschlussreich für Sie gewesen. So hätten Sie von den Empfehlungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) 2004 und dem Ausbleiben einer Konsequenz erfahren, der zum Anlass des Aufrufs der palästinensischen Zivilgesellschaft und der internationalen BDS Kampagne wurde. Sie hätten von der großen Unterstützung und den vielen Erfolgen weltweit erfahren. Sie hätten von dem Land hören können, das den Aufruf der palästinensischen Zivilgesellschaft in einer Breite und Geschlossenheit unterstützt wie kein anderes Land auf dieser Welt, von Südafrika.

Doch all das wussten Sie nicht und Sie haben diese Möglichkeit vertan, bevor Sie sich hinsetzten und diesen Artikel voller Anschuldigungen und Unterstellungen geschrieben haben.

Wir von BDS Berlin stehen diesen Künstler_innen und Aktivist_innen aus UK sehr nahe und kennen einige von ihnen schon seit vielen Jahren persönlich aus unserer gemeinsamen Solidaritätsarbeit. Ihr Artikel hat bei ihnen Entsetzen hervorgerufen, nicht nur über die Art und Weise, wie Sie mit Unterstellungen und Diffamierungen arbeiten, sondern auch über das geringe journalistische Niveau und die mangelnde Kenntnis über die internationale BDS Kampagne, in deren Rahmen sie sich engagieren.

Wir sind sicher, dass Sie nach einer gründlichen Recherche der Aufrufe aus Palästina und den vielen zusätzlichen Erklärungen der Palestinian Campaign for the Academic & Cultural Boycott of Israel (PACBI) und dem Boycott National Committee (BNC) aus den vergangenen 10 Jahren, die Sie auf deren und unseren Webseiten im Internet nachvollziehen können, Ihre Anschuldigungen zurücknehmen werden.

Wir bitten Sie daher nachdrücklich um eine Kontaktaufnahme mit den “Artists for Palestine UK” und um eine neue Darstellung zu der Initiative der “Artists for Palestine UK”

Mit freundlichen Grüßen,

BDS Berlin

Berlin, 6. März 2015

kontakt@bdsberlin.org

Englische Fassung


 

Ergänzungen:

Auf ihrer Facebook-Seite schreiben die Artists for Palestine UK am 17. März 2015:

“Das Kunstmagazin has decided not to publish our response to their vitriolic piece, so we have posted it on our website, including a translation of the original German article.”